Die Anatomie eines Escape Games

So ist ein gutes Escape Game aufgebaut

Die Anatomie eines Escape Games - So ist ein gutes Escape Game aufgebaut

Du hast dir eine Geschichte für dein Escape Game überlegt und fragst dich jetzt, wie daraus ein Spiel werden soll? Dieser Artikel begleitet dich Schritt für Schritt auf dem Weg von deiner Geschichte zur fertigen Spielvorlage. Diese musst du dann "nur noch" mit Rätseln füllen.

(Warum dein Escape Game unbedingt eine Geschichte braucht, kannst du hier nachlesen.)

Bevor du dich daran machst, dir coole Rätsel für dein Escape Game zu überlegen, solltest du dir zunächst einige grundlegende Dinge zu deinem Spiel überlegen. An erster Stelle steht dabei die Struktur deines Spieles, die den Spielablauf vorgibt. Dein Escape Game sollte so aufgebaut sein, dass für die Spieler klar ersichtlich ist, was sie tun sollen und dass sie verstehen, wie die Rätsel zusammen gehören. Dafür können dann deine Rätsel auch etwas schwieriger sein ;).

Dir selbst wird durch diese Vorbereitung die Suche nach passenden Rätseln enorm erleichtert, weil du genau weißt, was welches Rätsel machen soll. Du kannst dann mit einem festen Ziel vor Augen und all den Inspirationen von deiner Geschichte deiner Kreativität freien Lauf lassen.

 

An dem folgenden Schema kannst du dich orientieren:

von der Geschichte zur Spielstruktur

Was ist das Ziel des Spiels und wie führen die einzelnen Rätsel zu diesem Ziel?

Was ist das Ziel?

Formuliere (noch einmal) klar die Aufgabe der Spieler.

z.B.: Tresor öffnen

 

Daraus ergibt sich die konkrete Aufgabenstellung des Spiels.

z.B.: 4-stelliges Zahlenschloss knacken

 

Folglich müssen die Rätselstränge (was das ist, erkläre ich gleich) deines Spiels also genau die Lösung ergeben, die die Spieler für ihre Aufgabe benötigen.

z.B.: 4 Zahlen und deren Reihenfolge

Gib deinem Spiel Struktur

In diesem Schritt überlegst du dir die Struktur deines Spiels. Es geht also darum, wie die Rätsel aufeinander aufbauen und wie die Ergebnisse einzelner Rätsel kombiniert werden müssen, damit sie zu der gewünschten Lösung führen.

 

Es gibt zwei Varianten, wie du dein Escape Game aufbauen kannst.

Variante 1: Ein einziger Rätselstrang aus aufeinander aufbauenden Rätseln: 1. Rätsel führt zu 2. Rätsel führt zu 3. Rätsel .... Lösung

 

Variante 2: Parallel verlaufende Rätselstränge, die unabhängig voneinander funktionieren und deren Lösungen kombiniert die Lösung des Spiels ergeben. Die einzelnen Rätselstränge können aus einer beliebigen Anzahl Rätsel bestehen, deren Lösungen kombiniert werden müssen (vgl. Variante 2) oder die aufeinander aufbauen (vgl. Variante 1).

 

Die zweite Variante hat mehrere Vorteile, weshalb ich sie in den meisten Fällen bevorzuge*

  • Mehrere Spieler können gleichzeitig etwas machen. Auch wenn häufig 2-3 Spieler ein Rätsel gemeinsam lösen, werden immer 1-2 Spieler nichts zu tun haben, wenn nur an einem Rätsel auf einmal gerätselt werden kann.
  • Wenn man einmal nicht weiterkommt, kann man sich zunächst einem anderen Rätsel widmen. Manchmal muss man zwischendrin die Perspektive wechseln, um auf die Lösung zu kommen. Das funktioniert sehr gut, indem man sich in der Zwischenzeit auf etwas anderes konzentriert.
  • Die Reihenfolge der Rätsel muss nicht vorgegeben werden. Die Rätsel können in einer beliebigen Reihenfolge gelöst werden und am Ende werden die Lösungen zusammengetragen. Andernfalls müssten Zahlen auf den Rätseln oder andere Mechanismen die Reihenfolge festlegen. Da solche Vorgaben von außen stets „künstlich“ wirken, fühlt sich das Spiel ohne solche Mechanismen viel authentischer an. 

*Eine Ausnahme könnte z.B. ein Adventskalender sein. Adventskalender sind schließlich so konzipiert, dass in einer bestimmten Reihenfolge etwas Neues / eine neue Information hinzukommt und dass man eben nicht verschiedene Türchen gleichzeitig öffnen darf.

 

Achte in jedem Fall darauf, dass jeder Rätselstrang aus gleich vielen Rätseln besteht. So bleibt es nachvollziehbar für die Spieler und sie suchen nicht stundenlang nach einem vermeintlich fehlenden Rätsel. Das würde zwangsläufig zu Frustration führen.

Außerdem solltest du deutlich machen, welche Rätsel zusammengehören. Hier zwei Ideen, wie du das machen kannst:

 

  • Die Rätsel eines Rätselstrangs haben ein verbindendes Designelement (z.B. einen roten Rand, blauen Rand, etc.).
  • Die Rätsel eines Rätselstrangs hängen inhaltlich zusammen (z.B. Rätselstrang 1: Element Feuer, Rätselstrang 2 Element Wasser, etc.).

 

Mit deinem Spielziel und deiner Geschichte vor Augen, kannst du nun die Spielstruktur festlegen. Nutze hierzu z.B. meine individuell anpassbare Vorlage zum Download.

Freebie Flowchart von der Idee zum Escape Game

Erstelle ein Flowchart, um deine Spielstruktur zu visualisieren.

 

Beginne mit dem groben „Umriss“

z.B.: 4 Rätselstränge: Zahlen + 1 Rätselstrang: Reihenfolge

 

Nun kannst du Zwischenschritte einfügen, um mehr Rätsel unterzubringen. Lege fest, wie viele Rätsel ein Rätselstrang umfassen soll. Denke daran, dass alle Rätselstränge gleich viele Teilschritte umfassen sollten.

1. Schritt: Aufgabe, Lösung und Rätselstränge deines Escape Games
2. Schritt: Füge die Rätsel für dein Escape Game ein

Von der Spielstruktur zu den Rätseln

Jetzt kannst du deine Spielvorlage mit Inhalt, also mit Rätseln füllen.

Für besonders gute Rätsel mache dir erst einige Gedanken zu deiner Spielwelt.

Worum geht es in deiner Geschichte?

Stelle dir die Realität deiner Geschichte genau vor.
Was sind Symbole für dein Thema? Welche Kleidung tragen die Personen in der Geschichte? Wie sieht der Raum aus, in dem die Geschichte spielt? Welche Requisiten gibt es dort? etc. Halte diese Überlegungen in einer Mind-Map oder ähnlichem fest.

Hiervon ausgehend wirst du dir die Rätsel überlegen und auch beim Design kannst du für Ideen auf diese Notizen zurückgreifen.

 

Vielleicht fallen dir an dieser Stelle auch schon besondere Rätsel ein, die nur zu diesem Thema passen und die du gerne einbauen möchtest. Auch diese kannst du hier notieren. Darauf liegt aber noch nicht der Fokus. Im Moment geht es vor allem darum, die Spielwelt zu erfassen.

Es wird kreativ

Jetzt kannst du dich endlich an die einzelnen Rätsel machen!

Hier noch ein paar Hinweise, worauf es sich zu achten lohnt.

 

Für den roten Faden in deinem Escape Game ist es wichtig, dass die einzelnen Rätsel zusammenpassen und sich gegenseitig ergänzen. Dazu tragen mehrere Faktoren bei:

  • Die Rätsel sind sinnvoll miteinander verbunden bzw. bauen aufeinander auf, anstatt nur eine Ansammlung beliebiger Aufgaben zu sein, die am Ende zu einer Lösung führen.
    z.B. wird die Lösung von 3 Rätseln für das 4. Rätsel benötigt
  • Die Art der Rätsel ist aufeinander abgestimmt. Es macht mehr Spaß, wenn du Rätsel mit unterschiedlichen Aufgabentypen kombinierst, die verschiedene Fertigkeiten und Lösungsansätze erfordern, als wenn die Spieler immer wieder dasselbe machen müssen.
    z.B. verschlüsselter Text, Rätselbild, ausschneiden & legen, Worträtsel
    anstatt: 3x verschlüsselter Text + Wortspiel
  • Die Rätsel passen inhaltlich zusammen. Sie sind alle auf die Geschichte und die Spielwelt abgestimmt. Mehr dazu kannst du im Kapitel „Gib deinem Spiel einen roten Faden“ nachlesen.
MindMap worum geht es in deinem Escape Game

Konkrete Ideen, wie du deine Rätsel umsetzen kannst, gibt es beim nächsten Mal.

Bis dahin viel Spaß beim Tüfteln, Rätseln und Spielen.

P.S.: Diese Anleitung hat natürlich nicht den Anspruch der (einzig) richtige Weg für die Erstellung eines Escape Games zu sein. Für mich hat sich diese Vorgehensweise bewährt und deshalb möchte ich sie gerne mit dir teilen.

Wenn du merkst, dass etwas für dich nicht funktioniert, dann passe es einfach so an, dass du damit gut zurecht kommst.

Über Anregungen und Ideen freue ich mich immer.

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Kommentare: 1
  • #1

    Amelie (Donnerstag, 30 September 2021 16:24)

    Hi! Bin über deine Seite gestolpert, als ich nach Rätselideen für ein Wichtelgeschenk gesucht habe. Ich möchte das mit einer versperrten Schatztruhe und verschiedenen Aufgaben aufziehen. Deine Tipps haben bei mir die Kreativität angekurbelt. Vielen Dank dafür! :)